Lea Dringenberg: In der Studie wurden 239 Teilnehmende über durchschnittlich sechs Monate von uns begleitet. Bei 85 Personen konnte die Fatigue zu Beginn und am Ende des Programms mit der Fatigue Assessment Scale (FAS) erhoben und ausgewertet werden. Die Ergebnisse sind ermutigend: Auf der Fatigue-Skala des FAS verringerte sich der Mittelwert bei Teilnehmenden mit moderater Fatigue um rund 8 % (−2,2 Punkte) und bei Teilnehmenden mit extremer Fatigue um rund 14 % (−5,4 Punkte) gegenüber dem Ausgangswert. Beide Veränderungen waren statistisch signifikant, und der beobachtete Effekt bei schwerer Fatigue lässt sich als groß einordnen.
Für Betroffene könnte diese Verbesserung bedeuten, dass sie ihren Alltag etwas stabiler gestalten können. Sie berichten zum Beispiel, dass es ihnen dadurch leichter fällt, Aktivitäten besser zu planen und Rückschläge nach Anstrengung zu vermeiden. Auch kleine Fortschritte, wie etwas länger konzentriert zu bleiben oder kurze Wege außerhalb der Wohnung wieder zu bewältigen, können die Lebensqualität deutlich erhöhen. Diese Veränderungen sind individuell sehr unterschiedlich, aber sie zeigen, dass schon kleine Verbesserungen auf der Skala für die Betroffenen im Alltag spürbar sein können.
Es handelt sich hierbei um erste Daten. Ohne Kontrollgruppe können wir die Wirksamkeit des Programms nicht abschließend bewerten. Dennoch geben die Ergebnisse einen wichtigen Hinweis darauf, dass die Vermittlung von Pacing-Strategien in Kombination mit einer kontinuierlichen telemedizinischen Begleitung einen positiven Einfluss auf die Symptomatik haben kann. Weitere, größere Studien sind notwendig, um diese ersten Erkenntnisse zu bestätigen und die Rolle telemedizinischer Ansätze in der Versorgung von Post-COVID-Betroffenen weiter zu untersuchen.
Für das Gesundheitssystem ist das ein wichtiges Signal. Denn Post-COVID betrifft viele Menschen, die oft keine adäquate Anlaufstelle finden. Ein telemedizinisches Programm wie „covidcare“ bietet die Chance, schnell, ortsunabhängig und zugleich qualitätsgesichert Unterstützung anzubieten. Besonders in ländlichen Regionen oder für Patient:innen mit eingeschränkter Mobilität ist das ein großer Vorteil.
Darüber hinaus zeigt die Studie, dass Telemedizin nicht nur bei klassischen Themen wie Verlaufskontrolle oder Nachsorge funktioniert, sondern auch bei komplexen Krankheitsbildern mit hoher Belastung der Betroffenen. Damit leisten die Ergebnisse einen wichtigen Beitrag zur Diskussion, wie wir die Versorgung langfristig innovativ und nah an den Bedürfnissen der Betroffenen gestalten können.