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Drei Fragen an ...

... Dr. Julia Schaft, Managing Director, BioRN

BioRN ist der Wissenschafts- und Wirtschaftscluster in der Region Rhein-Main-Neckar, einem der stärksten Biotech- und Life-Science-Hubs in Deutschland. Seit 1996 fördert BioRN Innovationen in den Lebenswissenschaften und vernetzt die wichtigsten Akteure in diesem Bereich. Wir haben mit Dr. Julia Schaft, Managing Director bei BioRN in Heidelberg, über die Aufgaben des Clusters, über Innovationen und den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg gesprochen.

Frau Dr. Schaft, als eines der führenden deutschen Biotech-Cluster vernetzt BioRN in der Region Rhein-Main-Neckar mehr als 140 Unternehmen, Verbände und Forschungseinrichtungen. Was genau sind die Aufgaben Ihres Clusters? Und was ist Ihre Vision?

Frau Dr. Schaft: Für einen erfolgreichen Biotech-Hub braucht es fünf Schlüsselkomponenten: Einmal Spitzenforschung mit breiter Themenvielfalt. Diese Exzellenz ist in der Region Rhein-Neckar unbestritten vorhanden mit einer der ältesten Universitäten Europas sowie den führenden Forschungsinstituten, aus denen 1500 Forschungsgruppen hervorgehen. Zweitens die Industrie mit der nötigen Finanzkraft, aber auch der Expertise, um die Produkte in die Anwendung zu bringen. Allein zehn global agierende Pharmakonzerne engagieren sich in unserem Netzwerk und bündeln ihre Kräfte für die Region. Eine weitere Schlüsselkomponente sind Wissenschaftler, die das Risiko eingehen ihre Innovation im Rahmen eines Spin-offs oder Start-ups voranzutreiben. Diese müssen von Anfang an gut durch den Technologietransfer der Institute begleitet werden, so dass Innovationen erkannt und in die Translation gebracht werden. Dafür braucht es Finanzierungsmodelle, die vierte Komponente: Wir benötigen in der Biotechnologie hohe Investitionssummen, die nicht allein vom Staat getragen werden können.

BioRN agiert seit 26 Jahren als Interessensvertreter, Impulsgeber und Brückenbauer an der Schnittstelle zwischen Akademie, Industrie und der Öffentlichkeit und bildet so die fünfte Schlüsselkomponente für ein erfolgreiches Ökosystem ab. Wir setzen uns für die Entwicklung von translationalen Konzepten ein, die den Biotechnologiestandort Deutschland in seiner Exzellenz stärken und eine Dynamisierung der Translation vorantreiben. Aktuell entwickeln Experten-Arbeitsgruppen bei BioRN etwa translationale Konzepte, beispielsweise für die frühe Finanzierung von Start-ups und für einen besseren Austausch von klinischen Daten. Aus früheren Arbeitsgruppen sind der Life Science Startup Inkubator BioLabs hervorgegangen oder beLAB2122 als Instrument für die präklinische Entwicklung von neuen Medikamenten.

Zusammengefasst bedeutet dies: Wir fördern Kooperationen zwischen Wissenschaft und Industrie und schaffen neue Plattformen für Investitionen. Unsere Vision ist es, die Region zu einem weltweit führenden Cluster der Lebenswissenschaften zu entwickeln, das internationale Investoren ebenso anzieht, wie globale Top-Talente.

BioLabs, ein US-amerikanischer Betreiber eines Netzwerks von Co-Working-Büros und -Laboren, hat sich auch dank des Engagements von BioRN in Heidelberg angesiedelt – damit ist Heidelberg der erste europäische Standort von BioLabs. Was bedeutet das für die Unternehmen in der Region und für die Region selbst?

Frau Dr. Schaft: Junge gründungswillige Wissenschaftler scheitern allzu oft an der erfolglosen Suche nach geeigneten und bezahlbaren Laborflächen. Zudem ist der Aufbau eines eigenen Labors mit großem Geld- und Zeitaufwand verbunden, der zu Lasten der Innovation geht. Wir sind stolz, dass wir Johannes Frühauf, den Gründer von BioLabs mit der außerordentlichen Stärke und Exzellenz unserer Region beeindrucken konnten und die Entscheidung für die Eröffnung des ersten europäischen Standortes auf Heidelberg fiel. Damit konnten wir die Gründungsdynamik der Region auf ein neues Level heben, denn BioLabs stellt nicht nur vorgefertigte Laborräume für Gründer zur Verfügung, sondern fördert Industriekooperationen, indem es die jungen Gründer mit der Industrie zusammenbringt, um so den Austausch und Know-how-Transfer zu fördern.

Und last but not least ist BioLabs für Investoren ein interessanter Marktplatz, an dem sie vielversprechende Gründer mit ihren Projekten kennenlernen können. In den USA sind neun von zehn Start-ups, die BioLabs durchlaufen, erfolgreich und siedeln sich im weiteren Verlauf ihres Wachstums größtenteils in der unmittelbaren Nähe des Inkubators an. Mittelfristig werden so neue Arbeitsplätze geschaffen, die jungen Unternehmen zahlen ein in die Region, sind im Netzwerk aktiv und bereichern das Ökosystem mit ihren Innovationen. Ein organisches Wachstum, das die Life Science Region zusätzlich stärkt.

Wie gut sind in Baden-Württemberg die Voraussetzungen für die Ansiedlung von Unternehmen und Start-ups im Biotechnologie- und Lifescience-Bereich? Und wo können wir noch besser werden?

Frau Dr. Schaft: Durch die hohe Dichte an exzellenter Forschung und Industrie in Baden-Württemberg sind die Voraussetzungen sehr gut! Denn in einem hoch konzentrierten Ökosystem ist der Boden für Innovationen fruchtbar, die Chancen für Kooperationen erhöht und eine kritische Masse an Unternehmen, die in junge Unternehmen investieren, vorhanden. Dennoch reicht dies allein nicht aus, um Deutschland zu einem der führenden Biotechnologiestandorte weltweit zu machen, wie der Koalitionsvertrag es vorsieht.

Entscheidende Impulse kann die Politik bei den Rahmenbedingungen für Gründungen liefern: Im Fokus stehen dabei die Förderung und Entwicklung von Talenten für Entrepreneurship, die Incentivierung von Transfer und Translation sowie Maßnahmen zum Bürokratieabbau.

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