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Eröffnung der Wanderausstellung "Gemeinsam für Gesünder" in Tuttlingen

Gemeinsam Herausforderungen des Arbeitsmarktes meistern

Ob Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte oder Praxishelferinnen und -helfer – überall im Gesundheitswesen fehlt es an Personal. Aber wie kann es gelingen, ausreichend Fachkräfte für die Gesundheitsbranche zu gewinnen? Darüber wurde im Rahmen eines Events des Forums Gesundheitsstandort Baden-Württemberg am 14. Oktober in Tuttlingen gemeinsam mit Akteurinnen und Akteuren aus der Region diskutiert. Unter dem Titel „Von Pflege über Technologie und Produktion: Welche Potenziale bietet die Gesundheitsbranche als Arbeitgeber?“ kamen Expertinnen und Experten ins Gespräch. Bis 18. Oktober war auch die Wanderausstellung des Forums „Gemeinsam für Gesünder“ zu Gast in Tuttlingen.

„Wir können die aktuellen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt nur gemeinsam lösen“, betonte Professor Ralf Kindervater, Geschäftsführung der BIOPRO GmbH und Leiter der Geschäftsstelle Forum Gesundheitsstandort Baden-Württemberg gleich zu Beginn in seiner Begrüßung. „Eine essentielle Aufgabe des Forums ist es dabei, in einen interdisziplinären Strategiedialog mit den Akteuren im Land zu treten, um nicht nur den Gesundheitsstandort im Allgemeinen zu fördern, sondern eben auch bei Problemen zu helfen und zu unterstützen.“

Dass das Thema Fachkräfte vielerorts von großer Bedeutung ist, machte auch Martin Wycisk von der Stadt Tuttlingen deutlich: „Die Gesundheitsbranche mit ihren unterschiedlichen Sparten und großen wirtschaftlichen Potentialen steht derzeit vor dem großen Problem, geeignetes Personal zu gewinnen und langfristig zu binden. Hier müssen die Arbeitgeber kreativ sein und neue Wege gehen.”

Sinn und Identität finden in Gesundheitsberufen

Wie diese Wege aussehen können und welche Grundlagen von Bedeutung sind, davon berichtete Dr. Sebastian Freytag, Direktor des Klinikums Tuttlingen, in seinem Impulsvortrag. „Neben den vielen Maßnahmen, die wir zur Fachkräftegewinnung initiiert haben, ist es uns als Unternehmen wichtig, grundlegend eine sichtbare Identität zu entwickeln. Dazu zählt zum einen, dass wir als Klinikum in regionaler Trägerschaft einen starken regionalen Bezug haben und diesen leben“, so der Klinikdirektor. „Zum anderen wollen wir Berufe in der Gesundheitsbranche als attraktive, dynamische und vor allem sinnstiftende Berufe herausstellen.“ Dabei sei es wichtig, gerade junge Menschen auf der Suche nach Werten zu unterstützen und Werte anzubieten. „Unter identitätsstiftend verstehen wir aber auch, dass es dafür die entsprechende Kultur gibt. Das fängt bei der Führung an und geht über die soziale Verantwortung, die wir gegenüber unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben. In einer individualisierten Gesellschaft bieten wir eine individuelle Betreuung und stellen uns so für die Zukunft auf.“

In Netzwerken arbeiten und gemeinsam Lösungen finden

Dass die Zukunft des Arbeitsmarktes bereits heute aktiv gestaltet werden muss, darauf ging auch Meinrad Kempf, Verantwortlicher für Public Relations beim Cluster MedicalMountains, ein. „Zukunft passiert nicht einfach, sondern wir müssen jetzt schon Visionen entwickeln und vordenken, so dass wir agieren können. Das gelingt am besten gemeinsam – denn wir stehen alle vor den gleichen Herausforderungen“, so Kempf. Das Cluster hat dafür gemeinsam mit Akteuren aus der Medizintechnik-Industrie Visionen entwickelt, wie sich die Branche aufstellen sollte, um den Herausforderungen zu begegnen: „Wir stehen nicht nur vor einem Fachkräftemangel. Auch die regulatorischen Anforderungen zwingen uns dazu, unsere Position weiterzuentwickeln, um die Unternehmen stark zu machen. Das wollen wir durch verschiedene Punkte erreichen. Dazu zählt, dass Fachwissen ausgebaut wird, dass wir Interessen vertreten, mit konkreten Angeboten unterstützen, die Sichtbarkeit erhöhen und das Innovationspotenzial stärken.“

Mit Virtual Reality Ausbildung attraktiver machen

Ein Praxisbeispiel, wie Ausbildung im Gesundheitssektor zukünftig attraktiver gestaltet werden kann, stellte Barbara Loessl vom Institut Mensch, Technik, Teilhabe (IMTT) der Hochschule Furtwangen vor. „Die vielerorts angespannte Personallage erschwert oft die Pflegeausbildung, da es an realen Trainingsmöglichkeiten für die Auszubildenden fehlt. Das schlägt sich auch auf die Qualität der Ausbildung nieder. Medizinische Simulationstrainings bieten hier schon eine Alternative und diese versuchen wir im xR Skills Lab durch die Möglichkeiten von Virtual Reality zu bereichern“, erklärte sie das Prinzip. Für sie ist das Fazit eindeutig: „Die meisten sagen: ‚cool‘.” Der große Vorteil sei, dass die jungen Menschen wenig Berührungsängste hätten und mit den technischen Voraussetzungen weitgehend vertraut seien. „VR hat einfach das Potenzial zu begeistern und die Ausbildung attraktiver zu gestalten. Dennoch haben wir auch gemerkt, dass Virtual Reality allenfalls eine hervorragende Ergänzung zu klassischen Lernmodalitäten darstellt. Besonders dann, wenn es um feste Strukturen und Prozesse geht, die gelernt werden müssen, wie zum Beispiel bei einer Reanimation”, bilanziert Loessl.

Die Arbeitskräfte der Zukunft früh begeistern

Ausgehend vom Beispiel des xR Skills Lab entspann sich unter den Gästen eine Diskussion, wie Virtual Reality auch übergreifend zum Einsatz kommen sollte, um Wirkungsketten darzustellen und junge Menschen an Berufe der Gesundheitsbranche heranzuführen und zu begeistern. „In der Medizintechnik nutzen wir bereits intensiv die VR-Technologie zum Beispiel auch zur Darstellung von Operationssälen. Wir merken, dass das bei jungen Menschen zum Beispiel auf Jobbörsen ein wichtiger Eyecatcher ist und die Ausbildung dadurch an Attraktivität gewinnt“, sagte Andreas Hupe vom Medizintechnikunternehmen KLS Martin Group mit Standort in Tuttlingen. „Auch in unserem Forschungsinstitut NMI arbeiten wir mit Virtual Reality und merken, dass es den Leuten Spaß macht, wenn es um die Bedienung von Geräten geht wie im Bioprinting. Damit können wir die jungen Menschen begeistern, wenn es um das Ausprobieren neuer Sachen geht“, ergänzte Dr. Hanna Hartmann vom NMI Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut Reutlingen.

Als einen weiteren wichtigen Aspekt arbeiteten die Gäste heraus, dass Qualifikation früh beginnen und gefördert werden muss. „Im Prinzip benötigen wir ein Schulfach, das die technischen Kompetenzen der jungen Menschen fördert und für diesen Bereich begeistert. Virtual Reality kann hier ein gutes Mittel sein“, betonte Regina Storz-Irion, Innovationsmanagerin der Hochschule Furtwangen. „Wir brauchen gute Ingenieure und müssen in die Schulen rein, um gute Leute zu bekommen.“ Wie das funktionieren kann, zeige das Schülerforschungszentrum in Tuttlingen, wo Schülerinnen und Schüler selbst bereits forschend aktiv werden können, erzählte Julia Steckeler, Geschäftsführerin im Cluster MedicalMountains. Ein Manko sei jedoch, dass solch ein Projekt nur durch das Sponsoring der Industrie möglich sei. Steckeler betonte, dass es sich hierbei auch um eine staatliche Aufgabe im Bildungsbereich handle. Einig waren sich die Gäste darüber, dass der Blick der Akteure für Gesamtzusammenhänge geschärft werden müsse – sei es im Rahmen von Wertschöpfungsketten, Berufsbildern oder datenschutzrechtlichen Regularien – um den Arbeitsmarkt Gesundheitsbranche auch in Zukunft attraktiv zu gestalten.

Die Wanderausstellung "Gemeinsam für Gesünder" in der Stadthalle in Tuttlingen. © Forum Gesundheitsstandort Baden-Württemberg
Auftaktveranstaltung der Wanderausstellung "Gemeinsam für Gesünder" zum Thema "Von Pflege über Technologie bis Produktion: Welches Potenzial bietet die Gesundheitsbranche als Arbeitgeber?". © Forum Gesundheitsstandort Baden-Württemberg
Gesprächsrunde mit Referent/-innen und Besucher/-innen nach der Veranstaltung. © Forum Gesundheitsstandort Baden-Württemberg

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